Ministerpräsident Erdoğans hartnäckiger Widerstand gegen Abtreibung gefährdet Menschenrechte

AMNESTY INTERNATIONAL

Index: EUR 44/008/2012

30. Mai 2012

Ministerpräsident Erdoğans hartnäckiger Widerstand gegen Abtreibung gefährdet Menschenrechte

Amnesty International ist beunruhigt über die Ankündigung des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan, dass bevorstehende Gesetzesänderungen zu Abtreibung, sollten sie verabschiedet werden, den Zugang zu notwendiger Gesundheitsfürsorge für Frauen und Mädchen weiter beschränken würde. Die Menschenrechte der Frauen und Mädchen würden dadurch verletzt. Der Ministerpräsident hat kürzlich Abtreibung mit Mord verglichen und den Gesundheitsminister beauftragt, neue, restriktivere Abtreibungsgesetze einzuführen.

Abtreibung ist in der Türkei seit 1983 erlaubt. Die Schwangerschaft kann während der ersten 10 Wochen abgebrochen werden. Danach ist eine Abtreibung nur zulässig um das Leben oder die Gesundheit der Schwangeren zu schützen, oder wenn der Fötus geschädigt ist.

Beschränkungen des Zugangs zu Abtreibung entspricht nicht dem Stand der medizinischen Erkenntnis und gefährden das Leben und die Gesundheit türkischer Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch benötigen. Diese werden gezwungen, sich der illegalen und daher im allgemeinen gefährlichen Durchführung auszusetzen. Die Weltgesundheitsorganisation hat festgestellt: „Je restriktiver die Abtreibungsgesetzgebung [ist], desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Abtreibungen unsicher [sind] und zum Tod führen“.

Darüber hinaus verletzen Einschränkungen des Zugangs zu Abtreibung und die Verweigerung sicherer und legaler Schwangerschaftsabbruch-Verfahren die Menschenrechte von Frauen, wie sie in zahlreichen verbindlichen internationalen Menschenrechtsabkommen geschützt sind. Die Türkei ist verschiedenen internationalen Menschenrechtsverträgen beigetreten — zum Beispiel dem Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte, dem Internationalen Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte und dem Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau — die verschiedene Menschenrechte schützen, welche mit der Entscheidungsfreiheit der Frau verbunden sind ob, wann, von wem und wie oft sie Mutter werden möchte. Die Expertengremien der Vereinten Nationen, die mit der Auslegung dieser Verträge beauftragt sind, haben wiederholt gefordert, dass Frauen und heranwachsende Mädchen in vollem Umfang Zugang zu sexuellen und reproduktiven Gesundheitsdiensten haben, auch Abtreibung, soweit erforderlich.

Amnesty International fordert die türkische Regierung auf sicherzustellen, dass Menschenrechte von Frauen vollständig geschützt werden, und dass keine weiteren Maßnahmen getroffen werden, um den Zugang von Frauen zu sicherem und legalen Schwangerschaftsabbruch einzuschränken.

Übersetzung durch die Türkei-Koordinationsgruppe. Verbindlich ist das englische Original: “Turkish Prime Minister’s staunch opposition to abortion undermines human rights” http://www.amnesty.org/en/library/asset/EUR44/008/2012/en/c9081b58-efaf-47f8-b103-9d3dcd92bcf9/eur440082012en.html