Mehr als 2000 Afghan innen droht Abschiebung

Urgent Action

MEHR ALS 2.000 AFGHAN_INNEN DROHT ABSCHIEBUNG

TÜRKEI
UA-Nr: UA-077/2018 AI-Index: EUR 44/8258/2018 Datum: 24. April 2018 – sd

MEHR ALS 2.000 AFGHAN_INNEN
In den letzten Wochen hat die Türkei 7.100 afghanische Staatsangehörige abgeschoben. 2.000 weitere sind inhaftiert und von Abschiebung bedroht. Einige von ihnen berichteten, dass sie unter Druck gesetzt wurden, um eine Rückführung nach Afghanistan zu „akzeptieren“.
Ende 2017 hielten sich 145.000 Geflüchtete aus Afghanistan in der Türkei auf. Seitdem reisten immer mehr Afghan_innen über die türkisch-iranische Grenze im Osten des Landes ein, das türkische Innenministerium spricht von 27.000 Neuankömmlingen in diesem Jahr. Auf diese Situation reagieren die türkischen Behörden mit Festnahmen und Abschiebungen zurück nach Afghanistan. Laut dem türkischen Innenminister sind in den letzten Wochen 7.100 Afghan_innen mit Charterflügen abgeschoben worden. Seiner Einschätzung nach soll diese Zahl in den kommenden Tagen auf 10.000 erhöht werden. Dieser deutliche Anstieg der Rückführungsrate nach Afghanistan könnte mit einem Migrationsabkommen zusammenhängen, das von den beiden Ländern am 9. April unterzeichnet wurde.
Es wird vermutet, dass momentan mehr als 2.000 weitere Personen inhaftiert und von Abschiebung bedroht sind. Gemäß vertraulichen Informationen werden etwa 2.000 afghanische Staatsangehörige in einem Containercamp in Düziçi (Provinz Osmaniye) und Hunderte weitere in einem Abschiebelager in der Provinz Erzurum im Osten der Türkei festgehalten. Die tatsächlichen Zahlen könnten noch höher liegen, da nicht bekannt ist, wie viele weitere Afghan_innen in anderen Haftanstalten festgehalten werden. Die Mehrzahl der Inhaftierten scheinen alleinstehende Männer zu sein, doch wird auch von Familien berichtet.
Amnesty International hat am Telefon mit drei Personen gesprochen, die im Containercamp von Düziçi inhaftiert sind (zwei Männer und eine Frau), sowie mit einem weiteren Mann, der nach Kabul abgeschoben wurde. „Farhad“ ist ein 23-jähriger Anwalt aus der Provinz Baghlan. Er war in die Türkei geflohen, um einer Zwangsrekrutierung durch die Taliban zu entkommen. „Ramin“ ist ein 25-jähriger Bäcker aus der Provinz Paktita, der Afghanistan wegen des Krieges verlassen musste. Die Inhaftierten berichteten Amnesty International, dass sie Ende März in der Provinz Erzurum festgenommen und anschließend mit dem Bus nach Düziçi gebracht worden waren. Dort werden sie etwa seit dem 8. April festgehalten.
Die türkischen Behörden geben an, dass die Rückführungen nach Afghanistan freiwillig seien. Die Inhaftierten berichten dagegen, dass sie über ihre geplante Abschiebung einfach in Kenntnis gesetzt wurden. Sie wurden angewiesen, ein Dokument mittels Fingerabdruck zu unterschreiben, das sie nicht verstanden, weil es nur auf Türkisch vorlag. Dabei könnte es sich um ein „Formular zur freiwilligen Rückführung“ handeln, das die türkischen Behörden bereits zuvor bei syrischen und anderen Flüchtlingen als Zwangsmaßnahme eingesetzt hatten.
Zuverlässige Quellen berichteten außerdem, dass die Afghan_innen nur zwischen Abschiebung und Haft „wählen“ könnten. Zwar sollen einige der Betroffenen – insbesondere Familien – Asyl beantragt haben und anschließend freigelassen worden sein. Doch die Personen, mit denen Amnesty International sprach, sagten, dass ihre diesbezüglichen Anfragen ignoriert worden seien.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Flüchtlinge in der Türkei: Die Türkei beherbergt weltweit die meisten Flüchtlinge. Davon kommen 3,5 Millionen Menschen aus Syrien, 145.000 aus Afghanistan, 140.000 aus dem Iran sowie Tausende aus anderen Ländern.
Die Situation in Afghanistan: Der interne bewaffnete Konflikt zwischen den sogenannten „aufständischen Gruppen“ und regierungstreuen Kräften hält Afghanistan auch weiterhin fest im Griff. Zu den aufständischen Gruppen zählen die Taliban sowie die Gruppe „Islamischer Staat“, außerdem sind mehr als 20 weitere bewaffnete Gruppen im Land aktiv. Laut der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (United Nations Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) war 2016 mit 11.418 Toten und Verletzten das bisher tödlichste Jahr für die afghanische Zivilbevölkerung. Die UN-Mission gibt an, dass die konfliktbedingte Unsicherheit und Gewalt im Land Ursache schweren Leids für die Zivilbevölkerung und insbesondere für Frauen und Kinder war. Mit mehr als 10.000 zivilen Opfern im Jahr 2017 hält die unsichere Sicherheitslage auch weiterhin an. An dem unberechenbaren Konflikt sind zahlreiche Gruppen beteiligt, die permanent versuchen, bestimmte Gebiete (wieder) unter ihre Kontrolle zu bringen und deren Verhalten unvorhersehbar ist.

SCHREIBEN SIE BITTE

E-MAILS, FAXE, LUFTPOSTBRIEFE ODER EINE TWITTER-NACHRICHT MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
– Lassen Sie die inhaftierten Afghan_innen unverzüglich frei.
– Stellen Sie sicher, dass die inhaftierten Afghan_innen Zugang zum nationalen Asylverfahren bekommen.
– Stoppen Sie alle Abschiebungen nach Afghanistan.

APPELLE AN

INNENMINISTER
Süleyman Soylu
İçişleri Bakanlığı Bakanlıklar
Ankara, TÜRKEI
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (0090) 312 418 1795
Twitter: @suleymansoylu

GENERALDIREKTION MIGRATIONSSTEUERUNG
Directorate General of Migration Management Mr. Abdullah Ayaz
Göç İdaresi Genel Müdürlüğü
Çamlıca Mahallesi, 122. Sokak No:4
Yenimahalle/Ankara, TÜRKEI
(Anrede: Dear Mr. Ayaz / Sehr geehrter Herr Ayaz)
Fax: (0090) 312 422 09 00 / 99
E-Mail: gocidaresi@goc.gov.tr

KOPIEN AN
BOTSCHAFT DER REPUBLIK TÜRKEI
S. E. Herrn Ali Kemal Aydın
Tiergartenstr. 19-21, 10785 Berlin
Fax: 030 275 90 915
E-Mail: botschaft.berlin@mfa.gov.tr

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Türkisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 5. Juni 2018 keine Appelle mehr zu verschicken.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY
– Immediately release the detained Afghans.
– Ensure the detained Afghans have access to national asylum procedures.
– Halt all returns to Afghanistan, until they can take place in safety and dignity.