Beleidigung des Türkentums: 6 Monate Haft für Eren Keskin

ARTIKEL

20.03.2008

“Beleidigung des Türkentums”: 6 Monate Haft für Eren Keskin

Am 20. März sprach das Amtsgericht Kartal das Urteil in einem Prozess gegen die Rechtsanwältin und Menschenrechtsverteidigerin Eren Keskin. Eren Keskin hatte in einem Artikel des Tagesspiegels vom 24. Juni 2006 kritisiert, dass das türkische Militär zu viel Macht hat. Daraufhin hatte der türkische Generalstab sie der Beleidigung des Militärs beschuldigt und ein Staatsanwalt leitete ein Verfahren nach Artikel 301 TStG ein. Das Gericht verurteilte Eren Keskin, die in ihrer Verteidigung erklärte, dass sie die türkischen Sicherheitskräfte nicht beleidigt sondern politisch kritisiert habe, schon bei der ersten Gerichtsverhandlung zu 6 Monaten Haftstrafe. Eren Keskin wird Revision beantragen.

Gleichzeitig hat der türkische Generalstab die Anwaltskammer Istanbul, der Eren Keskin angehört, aufgefordert, gegen Eren Keskin ein Disziplinarverfahren durchzuführen. Ziel ist es, ein Berufsverbot gegen die unbequeme Kritikerin Eren Keskin durchzusetzen.

Artikel 301 stellt Beleidigung des Türkentums oder staatlicher türkischer Institutionen unter Strafe und wurde in den letzten Jahren benutzt, um kritische Oppositionelle vor Gericht zu stellen und in einigen Fällen mit Haft zu bestrafen. Allein der Generalstab hat Dutzende von Journalisten und Menschenrechtsverteidigern wegen ihrer Äußerungen über das Militär angeklagt. Die Europäische Union fordert seit langem die Änderung und amnesty international die Abschaffung von Artikel 301, damit in der Türkei die Standards der Europäischen Menschenrechtskonvention eingehalten werden.