21.02.2022
Alle strafrechtlichen Vorwürfe und alle bereits erhobenen Anklagen gegen Öztürk Türkdoğan, den Ko-Vorsitzenden der bekanntesten Menschenrechtsorganisation der Türkei und angesehenen Rechtsanwalt, sollten sofort fallengelassen werden, sagte Amnesty International heute – vor dem Beginn seines Gerichtsverfahrens morgen.
Öztürk Türkdoğan, der Ko-Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation (IHD), sieht sich konfrontiert mit grundlosen Vorwürfen der “Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation“ , “Beamtenbeleidigung” und “Beleidigung der Türkischen Nation und des Türkischen Staates“ wegen öffentlicher Äußerungen, die er im Zusammenhang der Menschenrechtsarbeit seines Vereins gemacht hat.
“Die Strafverfolgung von Öztürk Türkdoğan ist ein unverhüllter Angriff auf diesen einen Menschenrechtsverteidiger und auch auf alle diejenigen, die sich in der Türkei für Menschenrechte einsetzen“, sagte Julia Hall, die Stellvertretende Direktorin für Recherche in Europa bei Amnesty International.
“Mit diesen frei erfundenen Beschuldigungen gegen den Ko-Vorsitzenden der ältesten Menschenrechtsorganisation der Türkei senden die Strafverfolgungsbehörden eine eiskalte Nachricht, die das Klima extremer Angst in der bereits belagerten türkischen Menschenrechtsverteidiger-Gemeinschaft noch verstärkt.“
Laut Berichten des IHD gibt es aktuell mehr als 200 Ermittlungs- und Gerichtsverfahren gegen IHD-Mitglieder und gewählte Vertreter der Organisation überall in der Türkei.
“Die Kriminalisierung von Menschenrechtsverteidigern und der Menschenrechtsorganisation sind hier die wahren Ehrverletzungen. Die unerbittlichen Angriffe der Behörden gegen Öztürk Türkdoğan und die zivilgesellschaftliche Bewegung der Türkei müssen ein Ende haben,” sagte Julia Hall.
“Die Türkei muss sofort alle Anklagen gegen Öztürk Türkdoğan fallen lassen und ein freies und sicheres Umfeld für die Zivilgesellschaft schaffen, damit sie ihre Verpflichtungen gemäß den internationalen Menschenrechten erfüllen kann.”
HINTERGRUND
Im Dezember 2021 leiteten die türkischen Behörden drei getrennte Strafverfahren gegen Öztürk Türkdoğan ein.
Er wurde vor Gericht gestellt nach Art. 125 des Türkischen Strafgesetzbuchs wegen angeblicher „Beleidigung“ eines Amtsträgers mit einer auf der Website des IHD veröffentlichten Erklärung vom 29. Juni 2018. Die erste Gerichtsverhandlung in diesem Verfahren, in dem der Innenminister das angebliche Opfer ist, fand am 18. Februar 2022 statt. Die nächste Verhandlung wird am 11. Mai stattfinden.
Außerdem wurde er angeklagt wegen “Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation“ nach Artikel 314/2 TStGB, nachdem die Behörden ihn festgenommen und seine Wohnung am 19. März 2021 durchsucht hatten. Während der Durchsuchung wurden sein Telefon und sein Laptop beschlagnahmt. Der erste Gerichtstermin in diesem Verfahren wird am 22. Februar 2022 stattfinden.